Nach dem großen Erfolg von Wolfenstein 2: The New Colossus veröffentlichte MachineGames in Zusammenarbeit mit den Arkane Studios Lyon ihren neusten Titel Wolfenstein: Youngblood. Dieses Mal schlüpft ihr jedoch nicht in die bekannte Rolle von B.J. Blazkowicz, sondern in die Rolle seiner beiden Töchter. Gleichzeitig setzt man den Fokus auf den Koop-Modus und bringt zahlreiche Änderungen, welche mehr Freiheiten, Größe und Dynamik versprechen. Ob diese Veränderungen jedoch dem Titel und der Reihe stehen?
Blazkowicz-Action im Doppelpack
Zwanzig Jahre nach den Ereignissen von Wolfenstein II: The New Colossus versetzt euch Wolfenstein: Youngblood in die 1980er. Seitdem hat sich einiges getan. Der Kampf gegen die Nazis ist jedoch nach wie vor nicht beendet und dieses Mal führt es euch nach Paris. Entgegen vorheriger Ableger besetzt B.J. Blazkowicz jedoch nur eine Nebenrolle. Mit Wolfenstein Youngblood stehen nämlich B.J.s Zwillingstöchter Jess und Soph im Fokus. Grund hierfür ist das Verschwinden ihres Vaters. Natürlich wollen die beiden ihren Vater wiederfinden und folgen seiner Spur nach Paris. Kurz beim dortigen Widerstand einquartiert gilt es die Rettungsmission in Angriff zu nehmen und dabei den Nazis ordentlich die Hölle heiß zu machen.
Immerhin wurden beide von ihrem Vater bestens für den Kampf ausgebildet und beide sind schier unzertrennlich. Wolfenstein: Youngblood positioniert sich dementsprechend als passender Koop-Shooter, welcher sowohl online mit anderen Spielern oder offline mit der CPU gespielt werden kann. Ein Splitscreen-Modus für die heimische Couch wird an dieser Stelle bereits bitterlich vermisst. Zu Beginn könnt ihr entsprechend die Wahl treffen, ob ihr Jess oder Soph spielen möchtet. Dies geht jedoch größtenteils mit einer kosmetischen Änderung sowie der Anfangswaffe einher. Ansonsten unterscheiden sich die beiden Charaktere grundsätzlich nicht voneinander. Beide können gleichermaßen alle gefundenen Waffen ausrüsten. Nur noch in eine entsprechende Motorrüstung geschlüpft und das actionreiche Spektakel kann beginnen.
Während ihr euch zu Beginn noch auf einem beengten Luftschiff befindet und die verschiedenen Neuerungen kennenlernt, bewegt ihr euch schon bald in offeneren Arealen. Auch ist Wolfenstein: Youngblood nicht derartig storygetrieben und bietet neben der Hauptmission auch einige Nebenmissionen, welche ihr von den Mitgliedern des Widerstandes erhaltet. Demnach bleibt es euch frei, welche Mission ihr im Anschluss verfolgt. Doch das ist noch längst nicht alles. Nun sammelt ihr nämlich ebenfalls Erfahrungspunkte und steigt Stufen auf, wodurch ihr wiederum Fertigkeitspunkte erhaltet, welche ihr in neue Fähigkeiten und Verbesserungen eures Charakters investieren könnt. Eure Waffen könnt ihr hingegen mit gesammelten Silbermünzen aufwerten.
Ausgehend vom Hauptquartier der Widerständler teilt sich Paris in vier große Bezirke auf, welche ihr unsicher machen könnt. Während ihr bei der Hauptmission natürlich der Handlung folgt, führen euch Nebenmissionen an andere Orte. Das Ziel wird euch dabei natürlich stets angezeigt. Die Qualität der Missionen schwankt dabei jedoch von Fall zu Fall. Während manche Missionen deutlich interessanter gestaltet sind und sich in mehrere Abschnitte aufteilen, wirken wiederum andere Missionen wenig inspiriert und führen euch nur zurück zu bereits bekannten Schauplätzen.
Die gewaltsame Befreiung von Paris
Grundsätzlich gibt es auch abseits allerhand zu sehen, zu entdecken und zu sammeln. Neben zahlreichen kleinen Gassen und offener Fenster, in welche ihr einsteigen könnt, lassen sich nun auch Häuser betreten. Es lohnt sich daher die Umgebung auszukundschaften und sie im Kampf auch sinnvoll zu nutzen. Es bleibt euch nämlich ebenso überlassen, ob ihr euch aktiv und frontal in den Kampf stürzt oder ob ihr euch lieber unbemerkt an Gegner heranschleicht und dies von hinten ausschaltet. Bereits vor Spielbeginn könnt ihr euch für eure erste Fähigkeit entscheiden. Darunter auch die Möglichkeit, euch kurzfristig unsichtbar zu machen. Die Zahl der Gegner ist nämlich ziemlich groß. Neben einiger Fußsoldaten warten auch deutlich standhaftere Kommandanten, schwer bewaffnete Maschinensoldaten oder gar die bekannten Panzerhunde auf euch, welche euch wortwörtlich einheizen können.
Leider gestalten sich die Kämpfe nicht so kurzweilig und actionreich wie erhofft. Viel mehr arten Gefechte zur Dauerballerei aus, weil euch einerseits verdammt viele Gegner gegenüberstehen und andererseits die Gegner einfach kaum sterben wollen. Ein paar Treffer wie normal bei Shootern üblich genügen hierbei kaum. Wie schiere Übermenschen schlucken die Gegner die Kugeln einfach en masse selbst bei niedrigeren Schwierigkeitsgraden. Da ihr zu zweit seid fällt es euch immerhin einfacher auf die Schwachpunkte der Gegner zu zielen.
Im Gegenzug haltet ihr nicht sonderlich viel aus und solltet daher Deckungen geschickt nutzen. Ohne gegenseitige Unterstützung wird es ziemlich knifflig. Denn die drei verfügbaren Leben werden zwischen den beiden Schwestern geteilt. Sobald alle drei aufgebraucht sind, müsst ihr vom letzten Checkpoint neu starten, was schon mal weiter zurückliegen kann und ab und an auch etwas frustriert. Positiv hierbei hervorzuheben ist, dass euer KI-Kollege solide agiert und euch im Kampf unterstütz und nicht im Weg steht. Dazu lassen sich auch verschiedene Gesten ausführen, welche euch flott wieder etwas heilen oder die Rüstung auffüllen.
Leichter wird es jedoch auch im späteren Spielverlauf trotzt Charakterentwicklung nicht. Leider werden auch die Gegner zunehmend stärker und zu keiner Zeit fühlt ihr euch mächtig. Eher im Gegenteil und der Weg durch die Gegnerreihen bleibt bis zum Ende sehr mühselig. Für den ein oder anderen könnte das zwar herausfordernd wirken, andererseits erscheint es den meisten wohl eher anstrengend ewig auf ein und denselben Gegner zu schießen, bis dieser denn endlich mal kippt. Das Arsenal an Waffen und verschiedenen Hilfsmitteln ist umfangreich und auch die Motorrüstungsfähigkeiten sind recht cool. Um den Kampf gegen das Regime jedoch wirklich am besten zu überstehen, können wir nur einen menschlichen Koop-Partner empfehlen.
Zusammen könnt ihr dementsprechend natürlich deutlich besser und flexibler agieren und euch über euer Vorgehen absprechen. Ebenso verspricht die kooperative Ballerei auch deutlich mehr Spaß. Wie Eingangs erwähnt wird hierfür jedoch eine Online-Verbindung mit Bethesda-Konto benötigt, da kein Splitscreen-Modus unterstützt wird. Etwas nervig ist zudem die fehlende Möglichkeit das Spiel zu pausieren. Vor allem wenn ihr ohnehin offline spielt.
Fehlende Höhepunkte und solide Inszenierung
Trotzt ständiger Action fehlen Wolfenstein: Youngblood die wirklichen Höhepunkte. Auch die Handlung, welche hin und wieder mit einer Zwischensequenz untermalt wird, verspricht keine wirklich großen Überraschungen. Vor allem den Missionen fehlt es an Abwechslung und neuen Ideen. Und selbst die Gegner wiederholen sich ständig. Damit werdet ihr bereits nach nur wenigen Stunden kaum etwas Neues erleben. Ein linearer gestrickter Spielablauf hätte dem Spiel nach wie vor besser gestanden. Gleiches gilt für die hinzugekommenen Rollenspiel-Elemente, welche zwar versuchen das Gameplay aufzufrischen, jedoch aufgrund der hartnäckigen Gegner und damit einhergehenden langwierigen Kämpfe eher zu Frust führen.
Hierzulande wurde zudem erstmals die internationale Version mit englischer Sprache veröffentlicht, welche ohne inhaltliche Veränderungen auskommt. Die normale deutsche Fassung verzichtet nach wie vor auf entsprechende Nazi-Symbole und ändern auch den Wortlaut auf das Regime.
Grafisch steht der Youngblood seinen Vorgängern in nichts nach, bringt jedoch auch keine wirklichen Verbesserungen. Das vom Regime kontrollierte Paris wurde dazu hervorragend in Szene gesetzt und bietet allerhand zu entdecken und zu bestaunen. Ihr habt zudem die Wahl mit einer dynamischen Auflösung und stabilen 60 Bildern pro Sekunde zu spielen. Solltet ihr diese deaktivieren, kommt es hin und wieder zu kleineren Rucklern, was beim relativ flotten Spielablauf nicht sehr schön ist. Akustisch macht das Spiel einiges her und die Soundeffekte sind satt und gehaltvoll. Auch die deutsche Synchronisation ist wieder gelungen. Ab und an hatten wir kurze Soundaussetzer zu beklagen, welche jedoch mit dem neusten Patch behoben wurden. Nervig könnten zudem die sich immer wiederholenden Sprüche der Schwestern sein.
Auf der PS4 Pro kann eine dynamische Auflösung ein- oder ausgeschaltet werden. Aktiviert ihr diese, läuft das Spiel mit stabilen 60 Bildern pro Sekunde. Schaltet ihr sie aus, fallen regelmäßige kleine Ruckler auf, besonders bei schnellen Kamerabewegungen. Weil diese im rasanten Spielablauf an der Tagesordnung sind, solltet ihr auf die bessere Bildrate setzen.
Unser Fazit zu Wolfenstein: Youngblood
Die Wolfenstein-Reihe gehörte bislang zu den Geheimtipps unter den Action-Shootern und konnte stets mit einer unterhaltsamen Story, bizarren Persönlichkeiten, gelungenem Gameplay sowie pausenloser Action überzeugen.
Mit Wolfenstein: Youngblood wollte man nun auf den bekannten Stärken aufbauen und mit neuen Gameplay-Elementen sowie einem Koop-Modus Abwechslung bringen. Der Plan scheint auch aufzugehen, denn ein Koop-Modus ist grundsätzlich eine großartige Idee und das actionreiche Shooter-Gameplay ist nach wie vor gelungen. Auch an Action fehlt es zu keiner Minute. Die ersten Stunden fühlen sich zusammen mit einem Freund wirklich gut an. Gleichzeitig werden die Schwächen zu den vorherigen Ablegern schnell sichtbar.
Der Fokus lag nun deutlich weniger auf der Handlung und mit größeren Gebieten, Rollenspiel-Elementen sowie Nebenmissionen wollte man für mehr Tiefe, Dynamik und Freiheit sorgen. Stattdessen wurde die Handlung ziemlich vernachlässigt und wirkt sehr flach und trotz des neuen Stufensystems und zahlreicher Fähigkeiten, welche ihr im Laufe des Spiels freischaltet, fühlt ihr euch in jedem Kampf aufs Neue so schwach wie noch zu Beginn. Einerseits werdet ihr nur so von Gegnern überrannt und andererseits fühlen sich die Kämpfe wie Kaugummi an, weil die Gegner so verdammt hartnäckig sind und einfach nicht sterben wollen. Unabhängig vom Schwierigkeitsgrad stellt sich hierbei ziemlich schnell Frust ein. Vor allem macht dementsprechend das Fortschrittssystem absolut keinen Sinn, weil ihr zwar neues lernt, jedoch zu keinem Zeitpunkt irgendwie stärker werdet und euch abgesehen von Bosskämpfen einmal überlegen fühlen würdet. Den Höhepunkt dieser Misere bildet letztendlich der finale Kampf im Spiel.
Das führt zu jede Menge Frust, wo keiner sein sollte. Ein besseres Balancing der Gegner würde hier vielleicht schon helfen. Mit dem nächsten Titel sollte man sich jedenfalls wieder mehr auf eine starke Handlung und einen lineareren Spielablauf fokussieren. Der Koop-Modus ist per se keine schlechte Idee und ist gern wiedergesehen. Wir sind jedenfalls gespannt wie es mit der Reihe weitergeht. Mit der ein oder anderen Anpassung kann Wolfenstein: Youngblood nach wie vor zum erwünschten Action-Koop-Shooter für euch werden!