Nachdem bereits Ende März PC-Spieler in den Genuss von Tropico 6 kommen durften, kehrt der El Presidente nun auch auf Konsolen zurück. Erneut dürft ihr in die Rolle des gewitzten Diktators schlüpfen und über ein fiktives karibisches Inselparadies und dessen Bewohner herrschen. Dabei setzt auch der mittlerweile sechste Teil der Reihe auf die Stärken seiner Vorgänger. Welche Neuerungen euch im Detail gegenüber dem Vorgänger Tropico 5 erwarten und ob das politische Aufbau- und Simulationsspiel nach wie vor seinen Charme behalten hat, klären wir im folgenden Test zur PlayStation 4-Fassung.
Individuell, umfangreich, altbewährt
Bevor ihr mit der Errichtung eures Inselstaates loslegen könnt, stehen nun verschiedene Anpassungsmöglichkeiten zur Verfügung, um euren El Presidente sowie euren zu individualisieren. Darunter findet ihr auch die Wahl des Geschlechts und der Möglichkeit als weiblicher El Presidente die Staatsmacht zu übernehmen. Ansonsten könnt ihr Kleidung, Frisur oder auch Accessoires anpassen. Auch der Palast lässt sich etwas in der Bauweise anpassen. So könnt ihr über die Anordnung, Materialien oder auch Deko-Objekte entscheiden. Manche Objekte lassen sich hierbei jedoch erst mit Abschluss verschiedener Ziele freischalten.
Abseits der kosmetischen Anpassungen könnt ihr außerdem auch ein Charaktermerkmal für euren El Presidente wählen. Ob charismatisch, korrupt, Workaholic oder manipulativ. Je nachdem für welche Charaktereigenschaft ihr euch entscheidet, erhaltet ihr unterschiedliche Boni, wodurch ihr zum Beispiel die Effizienz eurer Produktionsgebäude, die Beziehung zu anderen Nationen oder Fraktionen verbessern könnt. Für Neueinsteiger und für die Grundlagen der Steuerung bietet sich das sehr umfangreiche Tutorial an, welches sich über mehrere Kapitel erstreckt.
Habt ihr dieses absolviert, solltet ihr hervorragend für die Einzelspieler-Kampagne vorbereitet sein, welche 15 Missionen umfasst. Die Kampagnen-Missionen sind abwechslungsreich gestaltet und erfordern die Erfüllung unterschiedlichster Ziele. Dafür ist stets eine unterschiedliche Herangehensweise erforderlich und jeder Schwerpunkt des Spiels wird damit im Laufe der Kampagne angerissen. Darüber hinaus könnt ihr euch natürlich auch im Sandbox-Modus beweisen, in welchem ihr euch ohne jegliche Einschränkungen oder vorgegebene Ziele euren Inselstaat nach euren Vorstellungen erbauen könnt.
Als El Presidente ist man ein vielbeschäftigter Mann (oder Frau) und hat ständig etwas auf den Tisch, da stets unterschiedliche Fraktionen oder Nationen etwas von einem wollen und verschiedenste Forderungen stellen. Welchen ihr entweder nachgeht oder mit bestimmten Konsequenzen rechnen müsst. Ihr könnt es ja nicht allen recht machen. Ihr könnt jedoch Aufstände vermeiden. Das wichtigste Ziel vor Augen ist stets eure Herrschaft aufrecht zu erhalten.
Spielerisch setzt man dabei voll und ganz auf die altbewährten Stärken der Reihe und erweitert diese mit neuen Spielinhalten und neuen Möglichkeiten um ein noch prächtigeres Inselparadies zu errichten. Bereits zu Beginn wird wohl die interessanteste Neuerung deutlich. Ihr verfügt nun nämlich nicht nur über eine einzelne große Insel, sondern über eine Inselgruppe, welche ihr sogar mit Brücken verbinden und Strom versorgen könnt, um wiederum an neue Ressourcen zu kommen oder den Tourismus anzukurbeln.
Vom einfachen Inselstaat zum beliebten Touristenziel
Ein ernstzunehmender Inselstaat entsteht jedoch nicht aus dem nichts und jeder fängt mal klein an. Demnach gilt es erstmal nach und nach die zentrale Insel auf Vordermann zu bringen. Dafür gilt es zunächst entsprechende Produktionsketten zu errichten, Unterkünfte für eure Bewohner zu erbauen und natürlich auch für genügend Unterhaltung zu Sorgen, um euer Volk bei Laune zu halten. Im Vordergrund steht hierbei die Maximierung eurer Gewinne. Die meisten Einnahmen kommen hierbei vor allen über eure Exporte und desto hochwertiger eure Materialien weiterverarbeitet wurden, desto mehr Geld erhaltet ihr im Gegenzug.
Erneut durchläuft dabei euer Inselstaat die Entwicklung über vier Epochen, sofern ihr notwendige Anforderungen hierfür erfüllt. Dabei beginnt ihr in der Kolonialzeit und könnt euch bis hin in die Moderne entwickeln. Mit jeder neuen Epoche werden wiederum neue Gebäude, Forschungen, oder auch Gesetze freigeschaltet. Neu hierbei sind die Blaupausen für Gebäude, welche ihr gegen eine bestimmte Summe freischalten könnt. Grundsätzlich solltet ihr auch Wert auf Bildung und den Bau entsprechender Einrichtungen legen, um Fachkräftemangel vorzubeugen und qualifizierte Arbeiter auszubilden. Dann könnt ihr selbst den Griff nach den Sternen wagen und euer eigenes Raumfahrt-Programm starten.
Das Wohl eurer Bewohner liegt euch als guter Staatschef natürlich am Herzen. Immerhin wollt ihr ja erneut gewählt werden. Jeder Bewohner geht seinem persönlichen Tagesablauf nach und kann auf Schritt und Tritt dabei verfolgt werden. Natürlich hat jeder Bewohner auch seine speziellen Bedürfnisse, geht einem Job nach oder ist unterschiedlich gesinnt. Da es als vielbeschäftigter Mann jedoch viel zu viel Arbeit wäre, sich um das Wohl und die Bedürfnisse eines jeden Individuums zu kümmern, könnt ihr schauen wie die Stimmung des Volks bezogen auf verschiedene Faktoren generell ist.
Demnach ist ersichtlich, ob ihr mehr Unterhaltungsgebäude bauen solltet, um den Spaß der Bewohner zu steigern. In Vorbereitung auf die Wahl gilt es zudem eine Wahlrede zu halten, in welcher ihr natürlich die für das Volk wichtigen Aspekte betonen könnt, um so vielleicht noch den ein oder anderen zu überzeugen. Im Notfall lässt sich die Wahl jedoch auch noch zu euren Gunsten manipulieren. Das könnte jedoch Aufstände oder Demonstrationen hervorrufen. Also lasst uns lieber die Wahl überwiegend fair gewinnen.
Als wäre das Wohl eurer Bewohner nicht schon genug, müsst ihr euch natürlich noch mit einigen Gruppierungen rumschlagen. Darunter die Kommunisten, die Kapitalisten, die Revolutionäre oder die Kirchenvertreter. Auf deren Interessen und Forderungen solltet ihr natürlich ebenso einzugehen. Zunächst trefft ihr eure Entscheidung und müsst im Anschluss kleinere Aufgaben erledigen, um die verschiedenen Fraktionen zu besänftigen.
Nachdem wir die Wahl erfolgreich gewonnen haben, können wir im Anschluss Änderungen an der Verfassung vornehmen und neue Verordnungen erlassen. So können wir zum Beispiel das Wahlrecht anpassen oder sogar tiefe Eingriffe in das Leben unserer Einwohner vornehmen. Das kann natürlich immer mit unterschiedlichen Konsequenzen einhergehen, jedoch schreibt euch das Spiel zu keiner Zeit einen bestimmten Weg vor.
Charmanter Humor, einzigartige Weltwunder und gelungene Steuerung
Generell habt ihr als alleiniger Herrscher die komplette Entscheidungsgewalt und könnt euch natürlich auch mit allen Parteien verstreiten, was jedoch zu vielfältigen Konsequenzen und Problemen führen könnte. Hier denke man an mögliche Putschversuche oder gescheiterte Wahlen. Da ihr ebenso nicht allein auf der Welt seid, habt ihr entsprechend eures Verhaltens auch eine Außenwahrnehmung, was die Länder der westlichen Welt anbelangt. Ein guter Ruf ist dementsprechend stets von Vorteil.
Als demokratischer Staat, welcher auf Menschenrechte wert legt, wäre das selbstverständlich einfacher, doch macht uns dies das Leben nicht gerade einfacher und ohne die Leute mit Geschick auszubeuten, verdienen wir natürlich auch nicht so viel. Neben der Unterdrückung unserer Bürger, können wir auch das ein oder andere krumme Geschäft drehen und lassen uns bei guter Bezahlung gerne bestechen. Wir hierbei gerissen vorgeht und die heiklen Informationen nicht nach außen sickern lässt, schadet so auch nicht seinem Ansehen. Darüber hinaus dient ein guter Ruf auch dazu unzählige Touristen anzulocken, welche wiederum einiges an Geld bei euch lassen.
Für jede Menge gute Laune sorgt außerdem der besondere Humor der Tropico-Reihe, welcher glücklicherweise auch dem sechsten Teil erhalten geblieben ist. Hierfür sorgen vor allem die unzähligen unterhaltsamen Zusprüche und Kommentare eures Beraters Penultimo als auch viele weitere Absurditäten im Spielverlauf. Wer sich darauf einlässt, kann sich auf ein Dauerschmunzeln freuen.
Grundsätzlich ist Tropico 6 sehr einsteigerfreundlich was den Schwierigkeitsgrad anbelangt. Anders als in anderen Aufbau-Strategiespielen müsst ihr euch nicht allzu viele Gedanken über den Bau der Infrastruktur machen. Auch spielen Ressourcen, abgesehen von eurem Staatskonto keine besonders große Rolle. Sobald ihr ein Gebäude errichtet, wird immer entsprechend farblich dargestellt, ob der Standort eine gute Wahl darstellt und verschiedene Gebäude dort entsprechend effizient produzieren.
Darüber hinaus können wir auch Überfälle veranlassen. Neben Ressourcen und besonderen Schätzen, lassen sich sogar internationale Weltwunder ergattern. Derartige Bauten selbst zu errichten würde nicht nur viel zu lange dauern, sondern auch eine Menge kosten. Insgesamt lassen sich 17 bekannte Weltwunder erbeuten, darunter die Freiheitsstatue, das Brandenburger Tor, der Eiffelturm oder auch die Pyramide von Giza. Die Weltwunder sind nicht nur beeindrucken und erhöhen den Touristenandrang, sondern bringen auch verschiedene Modi mit sich. Gelingt euer Raubzug, wird das jeweilige Weltwunder mit Helikoptern eingeflogen. Sollte euer Raubüberfall jedoch auffallen, kann es nicht nur teuer werden, sondern auch schwere Konsequenzen für euch haben.
Darüber hinaus verfügt Tropico 6 außerdem über einen Multiplayer-Modus, in welchem ihr praktisch kooperativ den gemeinsamen Inselstaat errichten könnt. Natürlich gebt ihr in dem Fall etwas die Kontrolle ab, könnt aber dabei auch gemeinsam Spaß haben und die Arbeit aufteilen.
Bereits Tropico 5 konnte mit einer soliden Controller-Steuerung überzeugen. Das ändert sich auch mit Tropico 6 nicht. Bereits im Tutorial werden euch die Steuerungsgrundlagen nähergebracht. Mit dem linken Analog-Stick bewegt ihr euch über die Karte und könnt mit dem rechten Stick in die Karte Zoomen oder die Kamera schwenken. Das kreisförmige Baumenü ruft ihr einfach über die Schultertaste auf. Dort findet ihr alle Gebäude-Typen und könnt dann nochmal gesondert das gewünschte Gebäude auswählen. Neben dem Baumenü gibt es noch eine weitere Radial-Auswahl, in welchem ihr alle relevanten Funktionen finden könnt. Darunter Informationen zu euren Inseln, den Fraktionen, eurer Verfassung, aktuellen Aufgaben, den Raubzügen oder auch den Anpassungsmöglichkeiten für den El Presidente. Demzufolge geht die Controller-Steuerung bei Tropico 6 sehr einfach von der Hand und auch die Navigation durch die Menüs gelingt mühelos oft über die Schultertasten.
Auch optisch macht Tropico 6 einen guten Eindruck und besticht mit einer farbenfrohen Welt, welche das Inselparadies hübsch zur Geltung bringt. Wenn ihr in die Landschaft hineinzoomt könnt ihr zudem, unzählige kleine Details finden. Darunter die herumwuselnden Bewohner eurer Inseln. Außerdem könnt ihr nun auch zwischen der Nah- und Global-Ansicht wechseln und habt so all eure Inseln im Blick und könnt diese besser anvisieren. Dies geschieht alles sehr flüssig und ohne Ruckler. Untermalt wird der diplomatische Aufbau-Spaß passend mit angenehmen Karibik-Klängen und lockerer Rumba-Musik. Hinzu kommt außerdem eine gelungene deutsche Vertonung.
Unser Fazit zu Tropico 6
Die Entwickler von Limbic Entertainment setzten bei Tropico 6 auf altbewährte Stärken der beliebten Aufbau- und Politik-Simulation und verbessern diese weiter im Detail. Nach wie vor gilt es Produktionsketten aufzubauen und den Handel anzukurbeln, um eine wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Ebenso dürfen die politischen Entscheidungen nicht fehlen, um nicht nur die Bürger zufrieden zu stellen, sondern auch die verschiedenen Fraktionen sowie westlichen Nationen zu besänftigen und auf eure Seite zu bringen. Hier kommt taktische Tiefe ins Spiel, ohne dabei zu überfordern und damit selbst Neulingen einen guten Einstieg zu bieten.
Erstmals könnt ihr nun zudem die Kontrolle über mehrere Inseln übernehmen und müsst hierbei eine funktionierende Infrastruktur zwischen den Inseln aufbauen. Zudem könnt ihr euer Inselparadies nun auch mit bekannten Weltwundern bereichern, um den Tourismus anzukurbeln und zusätzliche Boni zu erhalten. Wer sich im Genre wiederfindet, dem können wir Tropico 6 nur ans Herz legen, denn die Vielzahl an Möglichkeiten machen bei dem unterhaltsamen Gameplay auf Dauer sehr viel Laune.