Mit Lost Sphear ist ein neues klassisches JRPG von den Machern von I am Setsuna entstanden. Entwickelt wurde der Titel nämlich bei Tokyo RPG Factory und greift einige Mechaniken aus I am Setsuna auf. Direkt in Verbindung stehen beide Titel jedoch nicht. Galt I am Setsuna noch als Testlauf für Square Enix, um auszutesten ob klassische Oldschool-RPGs gut beim Publikum ankommen, soll Lost Sphear nun noch mehr Möglichkeiten ausschöpfen und ein insgesamt besseres Gesamtbild abgeben. I am Setsuna wurde zuvor vor allem wegen der Eintönigkeit kritisiert. Ob Lost Sphear uns überzeugen konnte, könnt ihr in unserem Test der PlayStation 4-Version erfahren.
Gestörter Frieden
In Lost Sphear schlüpft ihr in die Rolle des Jungen namens Kanata. Dieser hatte einen schlechten Traum und sucht in seinem friedlichen Dorf nach seinen Freunden. Schon bald macht ihr die erste Bekanntschaft mit verschiedenen Monstern, welche urplötzlich aufgetaucht sind. Und als wäre die Monsterplage nicht schlimm genug, verschwindet euer Dorf und viele Teile der umliegenden Welt unter einer mysteriösen weißen Schicht. Wie förmlich ausgelöscht, ist nichts mehr von eurem Dorf oder deren Bewohnern übrig.
Also machen sich Kanata, seine Freunde sowie neue Bekanntschaften auf die Reise, um hinter dieses Mysterium zu kommen und ihr Dorf und dessen Bewohner zurückzuholen. Um das zu schaffen, gilt es die Erinnerungen an die verschwundenen Orte zu bündeln. Gleichermaßen lässt sich das Auftauchen der Monster damit in Verbindung bringen. Diese stellen nämlich die materialisierten Erinnerungen dar.
Hört sich die anfängliche Aufmachung noch recht interessant an, legt sich die anfängliche Spannung leider im weiteren Spielverlauf. In Lost Sphear erlebt ihr in den Städten und kleinen Dörfern viele Dialoge mit den dortigen Bewohnern und könnt auch zu jeder Zeit mit eurer Gruppe sprechen. Diese helfen euch des Öfteren beim weiterkommen eurer Quest. Einen entsprechenden Questlog gibt es jedenfalls nicht. Das lässt die Spielwelt mitsamt ihren Charakteren recht sympathisch und charmant wirken. Nichtsdestotrotz sind die vielen Dialoge auch sehr langwierig und gewissermaßen auch etwas anstrengend. Wem das nicht zusagt, kann Dialoge auch vorspulen und überspringen. Das Ende hält jedenfalls noch eine Überraschung für euch bereit.
Die Spielwelt bereist ihr über die einfach gehaltene Weltkarte, worüber auch das weiße Nichts klar zu erkennen ist. Neue Gebiete erreicht ihr problemlos zu Fuß und später auch mit Boot oder Flugschiff. Gebiete können im Anschluss problemlos betreten werden. Auf der Weltkarte kommt es dabei nicht zu Kämpfen. Auf Gegner trefft ihr dann nämlich erst in den jeweiligen Orten. Des Weiteren könnt ihr in der Oberwelt gelegentlich auch verschiedene Erinnerungen und Gegenstände aufgabeln, welche über ein kleines glitzern symbolisiert werden. Mit gesammelten Erinnerungen lassen sich zudem bestimmte Areale und Gebäude aus dem Nichts zurückholen. Diese könnt ihr dann wieder besuchen und zusätzliche Effekte mit entsprechenden Artefakten für eure Gruppe freischalten.
Ein klassisches ATB-Kampfsystem
Auf der Oberwelt lassen sich sowohl friedliche Dörfer und kleine Städte finden, als auch alte Ruinen, Höhlen, Wüsten oder Bergpassagen. Welche anders als die Dörfer allerhand Monster beherbergen. In den Dörfern könnt ihr euch mit den Bewohnern unterhalten und euch im Gasthaus niederlassen. Neue Nebenaufgaben warten hierbei leider nicht auf euch. Auch zahlreiche Händler stehen zur Auswahl, wo ihr neue Waffen, Ausrüstungs- und Hilfsgegenstände erwerben könnt. Zudem lassen sich eure Waffen und Rüstung mehrfach aufwerten, was jedoch jedes Mal mehr kostet. In den höheren Schwierigkeitsgraden sind die Preise hierfür nochmal etwas höher.
Kommen wir nun jedoch zum Kampfsystem von Lost Sphear. Grundsätzlich könnt ihr Kämpfen aus dem Weg gehen, da ihr Gegner bereits aus größerer Entfernung wahrnehmen könnt. Dies würde jedoch euren Charakter-Fortschritt behindern. Die Kämpfe sind klassisch rundenbasiert und das Kampfsystem lehnt sich an das klassische ATB-System an, welches mit ein paar Neuerungen bestückt wurde. Sobald sich der Zeitbalken von einem eurer Charaktere gefüllt hat, könnt ihr eure Gegner angreifen, Zauber wirken oder Gegenstände nutzen.
Neu dabei ist, dass ihr nun nicht mehr starr an einer Stelle steht, sondern beliebig eure Position ändern könnt, um so zum Beispiel die Effektivität eines Flächenangriffs voll auszukosten. Die Gefechte laufen dabei jeder Zeit weiter. In den Einstellungen könnt ihr das Gefecht jedoch während der Menüauswahl pausieren. Das beschert euch nochmal etwas Zeit zum Überlegen.
Habt ihr dem Gegner genügend Schaden zugefügt, könnt ihr zu guter Letzt mit nur einem Tastendruck ein sogenanntes Momentum auslösen, wodurch der nächste Angriff verstärkt wird. Darüber hinaus verfügt jeder eurer Helden über einen sogenannten Vulcosuit, eine Art Mech, welchen ihr steuern könnt und eure Kräfte deutlich steigern. So bekommt ihr Zugriff auf weitere Spezialfertigkeiten sowie Kombo-Attacken. Außerdem lassen sich in den Mech-Anzügen auch Hindernisse beseitigen. Auch Bosskämpfe werden damit deutlich einfacher. Wer jedoch auf einem höheren Schwierigkeitsgrad spielt, sollte auf keinen Fall auf die Mechs verzichten.
Ansonsten gestalten sich die Kämpfe überwiegend einfach. Manche Flächenangriffe eurer Helden sind einfach viel zu stark. Zudem können bis zu vier Kämpfer am Gefecht teilnehmen. Doch solltet ihr auf Bosse treffen, machen euch diese ungeahnt und urplötzlich komplett fertig, obwohl ihr zuvor jeden Gegner mit Leichtigkeit besiegen konntet. Immerhin lässt sich der Schwierigkeitsgrad jederzeit anpassen und auch das Speichern ist stets möglich. Während eures Abenteuers lernt ihr bis zu sieben Helden kennen, welche sich Kanata bei seiner Reise anschließen.
Viele Mechaniken und hübsches Ambiente
Bereits I am Setsuna hatte Probleme in Bezug auf die Abwechslung im Spielverlauf. Lost Sphear bietet hingegen sehr viele verschiedene Mechaniken, mit welchen ihr förmlich schon überschüttet werdet. Neben Neuerungen am Kampfsystem, verbesserbaren Gegenständen, sammelbaren Erinnerungen und Artefakten sowie Mech-Anzügen warten noch viele weitere Ideen auf euch. Das ist grundsätzlich alles fein, doch kommt man während des gesamten Spielverlaufs von rund 25 Stunden kaum dazu, alle Mechaniken intensiv zu nutzen. Stattdessen prasselt alles auf euch ein und die Hälfte wird vergessen oder vernachlässigt. Immerhin ein Angel-Minispiel ist auch dabei. Doch was macht man letztendlich mit dem ganzen Kram, den man bislang gesammelt hat? Bis zum Ende des Spiels gammelt nämlich eine Menge in eurer Tasche, was wohl nicht mehr zum Einsatz kommen dürfte.
Eine deutliche Verbesserung gibt es mit Lost Sphear hinsichtlich der Abwechslung bei den Gebieten, welche ihr besucht. Ob grüne Landschaften, Wälder, Berge, Seen oder Wüsten. Das Spiel hat nun deutlich mehr Variation zu bieten. I am Setsuna war da eher auf eisige Gebiete versteift. Auch sonst ist die Optik sehr ansprechend und trumpft mit vielen liebevollen Details auf. Hübsche Effekte, gelungen 3D-Modelle der Helden und Monster sowie liebevoll detaillierte Orte. Auch wenn die Optik gewissermaßen an I am Setsuna erinnert. Ebenso überzeugend sind wieder die wundervollen, ruhigen Klavierklänge, welche auch dieses Mal eure Ohren verwöhnen.
Unser Fazit
Square Enix und die Entwickler von Tokyo RPG Factory veröffentlichen mit Lost Sphear den nächsten Titel im Genre der japanischen Rollenspiele, welcher vor allem Nostalgiker ansprechen dürfte. Lost Sphear startet stark mit einer spannenden Handlung, interessanten Charakteren, einem ansprechenden Kampfsystem und einer liebevollen Spielwelt. Im weiteren Spielverlauf nimmt die Spannung jedoch ab und ihr werdet von zahlreichen Spielmechaniken überrumpelt.
Etwas mehr Raum und Zeit für die Einführung sowie etwas mehr Abwechslung hätten dem Spiel hierbei gutgetan. Darüber hinaus dürft ihr euch über viele Neuerungen, einen soliden Umfang und eine sehr hübsche Spielwelt freuen. Vor allem bei der Spielwelt hat man aus den Fehlern gelernt und präsentiert euch nun deutlich mehr Variation bei den Gebieten. Auch Lost Sphear hat seine Schwächen, doch macht es einiges besser als noch I am Setsuna. Wer ein wirklich angenehmes, schönes japanisches Rollenspiel sucht, den wird Lost Sphear auf alle Fälle nicht enttäuschen.