Erstmals dürft ihr euch mit Fallout 76 online gemeinsam mit anderen Spielern in ein postnukleares Abenteuer stürzen. Damit geht Bethesda auch bei der Fallout-Reihe einen neuen und interessanten Weg, nachdem vor einigen Jahren bereits The Elder Scrolls Online als ein MMORPG-Abenteuer erschienen ist. Bereits vor der offiziellen Veröffentlichung konnte man als Vorbesteller bereits einige Eindrücke durch die zuvor stattgefundene Fallout 76 B.E.T.A. sammeln. Wir haben uns jedenfalls auf die kooperative Survival-Erfahrung gefreut und haben die Reise nach West Virginia angetreten. Ob uns die Online-Auskopplung zusagt und ob der Titel sowohl kooperativ als auch als Einzelspieler überzeugen kann, wird euch unser Test zu Fallout 76 näher verraten.
Unterwegs durch das idyllische West Virginia
Fallout 76 ist ein Prequel zur Fallout-Serie, welches euch in das idyllische West Virginia verschlägt. Ihr befindet euch im Jahr 2102 und seid einer der wenigen glücklichen Bewohner des Vault 76. 25 Jahre sind seit dem letzten Atomkrieg vergangen und es steht nun endlich der sogenannte Rückeroberungstag an. Ihr verlasst nämlich den Bunker und müsst von nun an das umliegende Ödland von neuem besiedeln. Deshalb gilt es möglichst alle nützlichen und lebensnotwendigen Gegenstände zu sammeln. Auch für euer eigenes Wohlbefinden müsst ihr für genügend Nahrung und Wasser sorgen. Selbstverständlich müsst ihr euch auch mit guten Waffen sowie Ausrüstungen bestücken.
Habt ihr erstmal den Bunker verlassen erwartet euch eine im Vergleich zu den Vorgängern deutlich farbenfrohere und abwechslungsreichere Spielwelt. Vom tristen und eintönigen Ödland ist man daher noch weit entfernt. Andererseits findet ihr euch in einer menschenleeren Welt wieder. Es gibt keinerlei NPCs, jedoch stehen euch bis zu 23 andere Spieler zur Seite und kämpfen gemeinsam mit euch um ihr Überleben. Das heißt aber nicht, dass automatisch alle Mitspieler freundlich gesinnt sein werden. Es ist schon wirklich ungewohnt, in einer derartig großen Welt umherzustreifen, welche gar viermal so groß ist wie Fallout 4 und statt anderer Mitspieler nichts als mutierte Gegner anzutreffen.
Immerhin haben wir bislang keine negativen Erfahrungen mit den anderen Spielern machen können, welche man später ohnehin eher selten sieht. Der Großteil der Spieler geht hauptsächlich ihren Quests nach oder man trifft sich bei dem ein oder anderen Event. Obwohl ihr auch gut alleine durchkommt, wird es vor allem für größere Events notwendig, dass ihr als Team zusammenarbeitet und besonders starke Gegner gemeinsam bekämpft. Solltet ihr das Zeitliche segnen, lasst ihr die altbekannte Papiertüte mit euren Ressourcen zurück und könnt so auch von anderen Spielern gelootet werden. Und um eure Emotionen gegenüber anderen Spielern darzustellen, stellen euch ebenso zahlreiche Emotes zur Verfügung. Es lassen sich jedenfalls stets freundliche Spieler finden, mit welchen ihr eine Gruppe gründen könnt, welche zumindest für die jeweilige Session anhält.
Für den Anfang reicht jedoch auch der Weg des Einzelgängers. Schrott lässt sich gewiss zu genüge finden. Lediglich Stimpaks und RadAway sind etwas rar gesät. Mit dem Schrott könnt ihr wiederum neue Rüstungsteile und Waffen herstellen. Auch unterschiedlichste Munition, Nahrung und viele weitere Gegenstände lassen sich an entsprechenden Werkbänken herstellen. Da sich Waffen und Ausrüstung abnutzen, müssen diese selbstverständlich auch stetig repariert werden. Darüber hinaus lassen sich die gesammelten Schrott-Gegenstände auch für den Ausbau eures Camps verarbeiten. Richtig gehört. In Fallout 76 könnt ihr euer eigenes hübsches, kleines Camp errichten und mit allerhand Möbeln und verschiedenen Werkstätten ausbauen.
Schrott sammeln und Crafting im Fokus
Die meiste Zeit sammelt ihr den zuvor erwähnten Schrott, welchen ihr für vielerlei Gegenstände weiterverarbeiten könnt. Welche Schrottteile wirklich sinnvoll sind, lernt ihr mit der Zeit. Und habt ihr erstmal euer eigenes kleines Camp aufgebaut und mit einigen Einrichtungsgegenständen ausgestattet, stellt sich erstmals ein heimisches Gefühl ein. Crafting war noch nie so bedeutend wie in Fallout 76. Dazu gehören natürlich ebenfalls die nun näher in den Fokus gerückten Survival-Elemente. Neben eurer gewöhnlichen Lebensleiste, werdet ihr nun auch von eurem Hunger und Durst beeinflusst. Dazu müsst ihr ebenso auf euren Grad der Verstrahlung achten, welcher sich nicht selten mit der Nahrungsaufnahme erhöht. Nichtsdestotrotz lässt uns Fallout 76 deutlich komplexe Charaktere vermissen. Ohne nur einen menschlichen NPC wirkt die Welt so leer.
Lediglich die vielen Tonbänder und Tagebücher erzählen eine Geschichte und bringen so auch die in den Hintergrund gerückte Handlung voran. Gewiss ist das Schicksal der Vielzahl an Menschen äußerst tragisch, da ihr davon ausgehen könnt, niemand Überlebendes in der Spielwelt anzutreffen. Es gibt nur euch und eben eure 23 Mitspieler. Damit fallen auch die interessanten, belebten Ortschaften weg und auch wesentliche Entscheidungen werdet ihr vermissen. Demnach beschränkt sich das Gameplay hauptsächlich auf das Sammeln von Schrott und Erinnerungen sowie das Bekämpfen der Vielzahl an mutierten Gegner. Welchen Sinn hat also eine vier Mal größere Spielwelt als Fallout 4, wenn sie doch so verdammt leer ist?
Hier kann man wirklich nur hoffen, dass die Welt von Fallout 76 mit Content-Updates weiter ausgebaut wird und mehr Abwechslung in das Spiel Einzug hält. Mit jeder erledigten Aktion erhaltet ihr zudem Erfahrungspunkte und steigt so langsam im Level auf. Mit dem Levelaufstieg erhaltet ihr Attributpunkte, welche ihr in die altbekannten SPECIAL-Attribute investieren könnt. Zusätzlich gibt es nun jedoch Boosterpacks mit verschiedenen Attribut-Karten. Je Attribut lässt sich eine Karte mit einer besonderen Eigenschaft ausrüsten. Darunter nützliche Skills, Resistenzen oder auch passive Boni, welche euch auf eurem Abenteuer helfen. Habt ihr mal bestimmte Attributkarten doppelt, so könnt ihr diese sogar aufwerten und so die Effekte verbessern. Je nach Spielabschnitt lohnt es sich auf alle Fälle die Attributkarten hin und wieder auszuwechseln. Auf alle Fälle eine interessante Neuerung.
Auch der altbekannte Pip-Boy ist zurück. Hierbei wurde jedoch das mittlerweile recht altbackene Interface beibehalten. Damit gestaltet sich die Steuerung durch die Menüs etwas schwerfällig. Auch hier wäre eine Überarbeitung sinnvoll gewesen. Vor allem in stressigen Momenten könnt ihr das Menü vergessen. Stattdessen müsst ihr euch erstmal etwas Zeit nehmen, wenn ihr durch die verschiedenen Menüs navigiert. Dabei könnt ihr jedoch jeder Zeit angegriffen werden und seid so besonders ungeschützt. Da hilft auch das Schnellauswahl-Rad nicht sonderlich viel. Hierbei sind vor allem die oft gleichen Symbole hinderlich. Wird außerdem eure Waffe während eines aktiven Kampfes zerstört oder ihr habt auch keine Stimpaks mehr zur Hand, so seid ihr nicht weit vom drohenden Tod entfern. Ebenso kaum eine Hilfe stellt das altbekannte VATS-Zielsystem dar. Nutz ihr dieses, wird nicht wie gewohnt die Zeit angehalten und gezielte Schüsse werden praktisch unmöglich.
Doch selbst wenn ihr das Zeitliche segnet, wird euch der Tod nach einigen Stunden im Spiel kaum noch stören. Ihr verliert nach dem Tod zwar euren gesammelten Schrott, könnt diesen jedoch an gleicher Stelle wieder abholen. Dazu könnt ihr auch problemlos in der Nähe wieder einsteigen. Selbst Gegner behalten hierbei den zuvor zugefügten Schaden bei.
Optisch macht Fallout 76 einen ordentlichen Eindruck und ist somit eines der hübschesten Ableger der Fallout-Reihe. Nichtsdestotrotz reißt der Titel keine Bäume aus und vor allem in Zukunft wird die Engine nicht mehr lange mithalten können. Besonders gut gefallen haben uns die wirklich hübschen Lichteffekte. Weniger hübsch sind hingegen die des Öfteren matschigen Texturen in der Nähe. Was die Performance anbelangt, so läuft das Spiel bis langen ganz ordentlich. Nichtsdestotrotz kann es zu unangenehmen Einbrüchen der Framerate kommen. Und auf den ein oder anderen Bug werdet ihr auf eurer Reise sicherlich auch treffen. Da kann schon mal ein Brahmin mitten in einem Haus stehen. Immerhin erscheinen regelmäßig große Patches, welche einige Änderungen und Verbesserung mit sich bringen. Nur tragisch das diese stets überdimensioniert sind. Punkten kann immerhin der vernünftige Soundtrack sowie die deutsche Sprachausgabe.
Unser Fazit zu Fallout 76
Fallout 76 geht gewiss einen anderen Weg in der beliebten Fallout-Reihe und spaltet damit die Gemüter der Fans. Erstmals erwartet euch ein Online-Multiplayer-Abenteuer in der Welt von Fallout, indem ihr kooperativ mit anderen Spielern umherstreifen könnt. Gewiss könnt ihr auch erstmal alleine losziehen und kommt erstmal auch recht weit. Abseits von Leveln und Looten, Sammeln von Schrott und bekämpfen von mutierten Gegnern, hat Fallout 76 jedoch nicht sonderlich viel für Einzelspieler zu bieten. Es mag zwar das gewisse Fallout-Feeling mit sich bringen, doch es fehlt eindeutig die gewohnt interessante Handlung mitsamt ihren abwechslungsreichen NPCs, komplexen Dialogen und Entscheidungsmöglichkeiten. Die Tonbänder und Tagebücher, welche Hintergrundinfos liefern, sind dagegen bestenfalls nett. Abseits der Gegner und wenigen Mitspieler wirkt die Spielwelt daher gewissermaßen unbelebt und bietet nicht allzu viel Abwechslung. Dagegen ist der Umfang der Spielwelt viel zu überdimensioniert und selbst nach zahlreichen Spielstunden werdet ihr kaum einen Bruchteil der Spielwelt gesehen haben.
Den meisten Spaß werdet ihr gemeinsam mit anderen Spielern haben. Hier wäre es natürlich empfehlenswert mit Freunden zu spielen. Immerhin agieren auch fremde Spieler überwiegend kooperativ und unterstützen euch auf eurer Reise. Immerhin solltet ihr auch gemeinsam die Oberfläche zurückerobern. Fallout 76 kann auf alle Fälle Spaß machen und wird auch mit Einschränkungen alteingesessenen Fallout-Fans gefallen können. Doch kommen wir zu weiteren Kritikpunkten. Größtes Manko ist hierbei wohl die Technik des Spiels. An vielen Ecken wirkt das Spiel noch unfertig und hat mit allerhand Bugs und Performanceproblemen zu kämpfen. Auch wenn Bugs auch in vorherigen Ablegern keine Seltenheit waren, kann dies den Spielspaß deutlich beeinträchtigen. Auch eine altbackene Menüführung sowie eine schwammige Steuerung können frustrieren. Vor allem weil ihr nun jederzeit von Monstern attackiert werden könnt.
Als bloßer Schrottsammler, Überlebender und Mutanten-Töter wird Fallout 76 einen kaum bei Stange halten können. Es gab bereits einige große Updates, doch es wird auch neue Inhalte brauchen, um die Spieler bei Laune zu halten und der Leben etwas mehr Leben zu schenken. Ohne eine packende Handlung und ohne NPCs geht doch ein wesentlicher Aspekt der Spielreihe verloren. Vielleicht kann Fallout 76 jedoch zu einem späteren Zeitpunkt noch eine gelungene Spielauskopplung mit Online-Komponente in der Fallout-Reihe werden. Wir sind jedenfalls gespannt und halten euch auf dem Laufenden.